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Dr. Wolfram Langpape

Oberkirchenrat
ev.

„Mit grossem Schmerz sagen wir: Durch uns ist unendliches Leid über viele Völker und Länder gebracht worden. Was wir unseren Gemeinden oft bezeugt haben, das sprechen wir jetzt im Namen der ganzen Kirche aus: Wohl haben wir lange Jahre hindurch im Namen Jesu Christi gegen den Geist gekämpft, der im nationalsozialistischen Gewaltregiment seinen furchtbaren Ausdruck gefunden hat; aber wir klagen uns an, dass wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben.“

Liebe Schwestern und Brüder,

vielen von Ihnen sind diese Worte vermutlich vertraut. Sie wurden gesprochen auf der Sitzung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland am 18./19. Okt. 1945. Der Rat tagte in Stuttgart gemeinsam mit Vertretern der Kirchen, die sich drei Jahre später als Ökumenischer Rat der Kirchen konstituieren würden. Bekannt wurden diese Worte unter dem Namen „Stuttgarter Schulderklärung“.

Die Stuttgarter Schulderklärung stand am Beginn der Aufnahme der Evangelischen Kirche in Deutschland in die weltweite Gemeinschaft. Bereits 1948 konnte unsere Kirche Gründungsmitglied des Ökumenischen Rates sein, 3 Jahre nach dem Ende von Nazi-Deutschland. Unsere Kirche hat um Vergebung gebeten, dafür, dass die Bekennende Kirche sich zwar nicht vollständig dem Geist des Nationalsozialismus gebeugt hat, aber nichtsdestotrotz erkennen musste, wie sehr sie versagt hat, darin, mutiger zu bekennen, treuer zu beten, fröhlicher zu glauben und brennender zu lieben.

Wir halten die Erinnerung wach an diese dunkle Zeit und behalten den Wortlaut der Stuttgarter Schulderklärung in unserem Gedächtnis. Es soll, ja, es muss uns daran erinnern, in der Gegenwart nicht die Sünden der Vergangenheit zu wiederholen, es ruft uns auf, im hier und jetzt mutig zu bekennen, treu zu beten, fröhlich zu glauben und brennend zu lieben.

Doch die Schulderklärung ist nicht der einzige Weg, an die Vergangenheit zu erinnern und aus ihr zu lernen. Genauso wichtig ist es, von denen Wenigen zu lernen, die dem Anspruch der Stuttgarter Erklärung entsprochen haben, die mutig bekannt haben und dafür fast immer mit ihrer Freiheit oder ihrem Leben bezahlt haben. Jede und jeder von ihnen ist seinen eigenen Weg in den Widerstand gegangen: Manche sahen von der ersten Stunde an den Widerspruch zwischen ihrem Glauben und den Lehren der Nationalsozialisten. Andere blieben länger blind oder ließen sich verführen und erkannten erst später, dass ihr Glaube sie in den Widerstand gegenüber dieser Ideologie führt. Ihnen allen ist gemeinsam, dass ihre christliche Überzeugung sie aus dem Schweigen hinein in den Widerspruch, in die Tat aktiver Zuwiderhandlung gegen das Unrecht geführt hat.

Ich danke Ihnen, liebe Organisatoren dieser Ausstellung, dass Sie es sich zur Aufgabe gemacht haben, die Erinnerung an die dunkelste Zeit unserer Geschichte – als Nation und als Kirche – in die heranwachsende Generation weiterzutragen. Ich danke Ihnen, dass Sie das Lernen aus der Geschichte mit jeder einzelnen Stellwand der Ausstellung hineintragen in unsere Schulen und Gemeinden, dass Sie die Berichte weitertragen, vom großen Schatten und dem seltenen Licht, um unseren Kindern vor Augen zu führen, wie unverzichtbar es ist, mutig zu bekennen, treu zu beten, fröhlich zu glauben und brennend zu lieben. Die Ausstellung ist natürlich auch noch viel umfangreicher, als der Fokus auf die evangelische Kirche in Nazi-Deutschland, den ich in diesem Grußwort gelegt habe. Doch wenn Christen, die den Widerstand gegen Diktaturen überlebt haben, auch etwas Positives zu berichten hatten, dann war dies die Erfahrung, dass in den Zeiten der Not die Trennung nach Konfessionen keine Rolle gespielt hat. Sinnbildlich wird dies ja beispielsweise an der konfessionellen Zusammensetzung der Weißen Rose. Daher ist gerade, wenn wir von christlichem Widerstand sprechen, jeder Bericht auch ein Teil der gemeinsamen Geschichte.

Ich freue mich sehr, in den folgenden Tagen in diesen Lernweg einzutreten und aus Ihren Vorträgen und den gemeinsamen Gesprächen weiter zu lernen aus den mutigen Taten der christlichen Zeugen in der Zeit der Diktatur.

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